Letztes Jahr fing alles damit an, dass erstmalig ein Schüleraustausch nach Ecuador an unserer Schule, dem Gymnasium Taunusstein, angeboten wurde. Sofort meldeten 6 Schülerinnen und Schüler sich an und es gab erste Vortreffen.
Am 17.09.2014 kamen dann unsere ecuadorianischen Austauschschüler, zu denen wir vorher schon schriftlichen Kontakt hatten, für zwei Monate hierher. Im großen Ganzen verlief der Besuch hier gut und wir waren alle gespannt auf unseren Gegenbesuch, einen Monat nach der Heimreise unserer Austauschschüler. Am 17.12.2014 war es dann so weit, als wir am Frankfurter Flughafen standen, uns von allen verabschiedeten und eine 22-stündige Reise über den Atlantik begannen. Da das Flugzeug von Frankfurt nach Madrid Verspätung hatte, wir den Anschlussflug verpassten und in Madrid strandeten, durften wir auf Kosten der Fluggesellschaft eine Nacht dort bleiben und haben bei der Gelegenheit auch noch die Innenstadt und den Weihnachtsmarkt besucht. Am nächsten Tag ging die Reise weiter bis nach Guayaquil, der größten Stadt Ecuadors, und von dort aus nach Cuenca, der Heimatstadt unserer Austauschschüler. Cuenca, die drittgrößte Stadt Ecuadors mit etwa 277.000 Einwohnern, liegt auf ca. 2500m über dem Meeresspiegel mitten in den Anden und es gibt aufgrund der Nähe zum Äquator keine Jahreszeiten – das Wetter ist immer wie im Frühling. Vier Flüsse durchqueren die Stadt, deren Zentrum seit 1999 zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört. Außerdem ist Cuenca für die Lederverarbeitung, die Herstellung der Panamahüte, des Gold- und Silberschmuckes und der Keramik bekannt. Und in dieser wunderschönen Stadt würden wir nun für die nächsten sechs Wochen den Alltag miterleben. Wir wurden alle sehr gut in unseren Gastfamilien aufgenommen und genossen unsere erste Zeit vor ort. Die ersten zwei Wochen hatten unsere Gastgeschwister Weihnachtsferien, und so erlebten wir Weihnachten und Silvester in einer völlig anderen Kultur mit. In Ecuador werden diese beiden Feste sehr familiär gefeiert. Da die Familien dort deutlich größer sind als hier, kamen oft über 100 Leute zusammen zum feiern, was natürlich für uns super war, weil wir viele Familienmitglieder kennengelernt haben und auch die Lebensart der Ecuadorianer. Dort gibt es nämlich unabhängig von der Weihnachtszeit viele „fiestas“ – Partys. Egal ob die Leute sich kennen oder nicht, alle tanzen miteinander und haben Spaß. Gastfreundschaft und Spontanität werden großgeschrieben. Generell ist alles viel lockerer, auch in der Schule, wie wir nach den zwei Ferienwochen feststellten, als die Schule wieder begann. Unsere Gastschüler besuchen das „Colegio aleman Stiehle de Cuenca“, eine deutsche Schule etwa eine halbe Stunde vom Stadtzentrum entfernt. Dort lernen die Schüler Deutsch und Fächer wie Physik, Biologie und Geschichte werden auch auf Deutsch unterrichtet. Jeden morgen wird man von einem der vielen Busse vor der Haustür abgeholt und zur Schule gefahren. Die Schule ist meiner Meinung nach sehr schön, es gibt viele Grünflächen, Klassen- und Fachräume, eine Cafeteria, einen Kiosk, zwei Sportplätze, eine Turnhalle und auch Schuluniformen sind hier Pflicht. Sobald man einen Klassenraum verlässt ist man direkt unter freiem Himmel. In der Zeit, in der wir dort waren, war die Examenswoche. Das bedeutet, dass alle Schüler eine Woche lang pro Tag je zwei Arbeiten schreiben müssen und der Unterricht schon um 11 Uhr morgens aufhört. Für unsere Gastgeschwister war das natürlich viel Stress, aber für uns war das entspannend, da wir in dieser Woche immer Freistunden und früh Schulschluss hatten. Der normale Unterricht ist allerdings im Gegensatz zu hier locker, und es kommt auch manchmal vor, dass die ganze Klasse zu lauter Musik auf den Tischen tanzt, oder der Lehrer mit der Klasse anstatt zu unterrichten, Tischtennis spielen geht. Zusätzlich zur Schule belegten wir einen dreiwöchigen Spanischintensivkurs im „Centro Aleman“ – dem deutschen Zentrum in der Innenstadt, der sich gelohnt hat. Mit diesem Kurs haben wir auch Cuenca und Ingapirca – die zweitgrößten Inka-Ruinen nach Machu Picchu in Peru – besucht. Außerdem haben die meisten von uns einige Ausflüge, wie zum Beispiel ans Meer, nach Quito, der Hauptstadt von Ecuador, nach Guayaquil, Cajas, dem Nationalpark in der Nähe von Cuenca, oder nach Tambo, einer Stadt in der Nähe des Regenwaldes, unternommen. Eine weitere Erfahrung, die wir in Ecuador gemacht haben ist Neues auszuprobieren. Das fängt schon beim Essen an: das Nationalgericht Ecuadors ist „cuy“ – Meerschweinchen, das ganz aufgespießt und gegrillt wird. Es schmeckt ein bisschen wie Hühnchen, mit dem Unterschied, dass die Haut sehr dick und kross ist. Eine weitere kulinarische Kuriosität ist Ceviche – eine Art Suppe aus rohem Fisch und Meeresfrüchten. Beide Speisen haben mich nach einiger Überwindung positiv überrascht. Normalerweise wird immer mittags und abends Reis mit Fleisch gegessen. Auch die Obstvielfalt in Ecuador ist gigantisch und ein wichtiger Bestandteil der Nahrung. Nach vielen weiteren Erfahrungen, Erlebnissen und neuen Bekanntschaften sind wir am 29.01.2015 wieder von Guayaquil über Madrid nach Frankfurt zurückgereist, wo wir schon von allen erwartet wurden. Im Nachhinein sind wir alle glücklich diesen Austausch mitgemacht zu haben und jetzt haben wir eine zweite Heimat – Ecuador – und wir werden sicher noch mal zurückkehren!
Text: Carina Volland